Dienstag, Dezember 26, 2006

Virtuelle Opfer quälen

Wie Telepolis meldet, hat Mel Slater, der am Virtual Reality Centre of Barcelona der Universitat Politècnica de Catalunya und am Department of Computer Science der University College London tätig ist, mit Kollegen das Milgram-Experiment als Computersimulation wiederholt und in der aktuellen Ausgabe von PLoS one unter dem Titel "A Virtual Reprise of the Stanley Milgram Obedience Experiments" (liegt auch als pdf vor) darüber berichtet.

Während im Originalexperiment den Versuchspersonen der Eindruck vermittelt wurde, dass der "Schüler", den sie strafen sollten, wirkliche Schmerzen erleidet, spielte in der aktuellen Untersuchung eine virtuelle Figur die Schülerin. So wussten die Versuchspersonen von vornherein, dass niemand wirklich Schmerzen erleidet, wenn sie Elektroschläge erteilen. Die Ergebnisse unterschieden sich nur unwesentlich von denen der Originaluntersuchung.

Montag, Dezember 25, 2006

Wir kennen Ihre Geschichte


... beunruhigt Sie das? fragt die Freie Ärzteschaft (ich wusste bis heute nicht, dass es diesen Verband gibt) und ruft zur Aktion "Stoppt die e-card" auf.

Ich bin auf die Freie Ärzteschaft gestoßen, weil sie Angela Merkel aufgefordert hat, die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zu entlassen - das wird die Kanzlerin schwer beeindrucken.

Botox hilft

... bei Schreibkrampf - aber was hilft bei Schreibhemmung?

Bundestrojaner zum Download

Pünktlich zum Fest ist der hier bereits vorgestellte Bundestrojaner jetzt endlich offiziell zum Download verfügbar. In der FAQ werden letzte Fragen zerstreut:
Warum sollte ich den Bundestrojaner installieren?
Dank des Bundestrojaners brauchen Sie sich keine Sorgen mehr um die Sicherheit Ihres Computers oder Ihrer Daten machen. Das erledigen nach Download und Installation des Bundestrojaners die deutschen Sicherheitsbehörden für Sie. Sollten alle Stricke reißen, dann haben die Sicherheitsbehörden auch ein Back-Up Ihrer Datensätze für Sie parat.
Das sollte doch jedem einleuchten. [Danke an das law blog für den Hinweis]

Montag, Dezember 18, 2006

Bariatrisch?!

Immer wieder schön, wenn man seinen Fachwortschatz erweitert bekommt. In einer Meldung des Deutschen Ärzteblatts geht es heute um Maßnahmen gegen Übergewicht. Das Wort "bariatrisch" kannte ich bislang noch nicht (irgendwie ist meine Assoziation eher "barbarisch"). Deswegen wird "bariatrisch" der Google des Tages.

Und die Suche danach führt dann auch gleich zu einer griffigen Definition (ZentralblChir 2002; 127: 1035 - 1037): "Das Wort bariatrisch wird of missverstanden. Es leitet sich ab von BAROS, kommt aus dem Griechischen und heißt Schwere oder Last. Die bariatrische Medizin befasst sich mit der Behandlung der Fettleibigkeit."

Montag, Dezember 11, 2006

Strafgefangenen-Statistik

Das Statistische Bundesamt meldet:

"Insgesamt 64 512 Personen verbüßten zum 31. März 2006 eine Freiheits- beziehungsweise Jugendstrafe in einer deutschen Justizvollzugsanstalt oder befanden sich in Sicherungsverwahrung. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, erreichte damit die Gesamtzahl der verurteilten Gefangenen einen neuen Höchststand im vereinten Deutschland. Umgerechnet auf jeweils 100 000 Personen der strafmündigen Bevölkerung (ab 14 Jahren) saßen zum 31. März 2006 rund 90 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in den Anstalten ein, ein Jahr zuvor waren es 89, weitere zehn Jahre zuvor 67 Männer und Frauen gewesen. [...]
In den deutschen Strafanstalten befinden sich ganz überwiegend Männer; zum 31. März 2006 waren es 61 200 Männer und 3 300 Frauen (5%). Von den Einsitzenden hatten 50 500 Personen die deutsche Staatsangehörigkeit; der Ausländeranteil lag bei 22%. Rund 40% der Gefängnisinsassen (25 900 Personen) waren unter 30 Jahre, 11% (7 000 Personen) über 50 Jahre alt."
Weitere Infos in der dazugehörigen Pressenotiz.

Sonntag, Dezember 10, 2006

Ein Damm gegen Jugendgewalt

Der Artikel aus der Schweizer Fachzeitschrift SozialAktuell beschreibt ein Modellprojekt der Stadt Zürich, mit dem Jugendgewalt eingedämmt werden soll. Ein weiterer Beitrag der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich mit dem Thema Sozialarbeit im Jugendstrafrecht. Lesenswert.

Verwanzte PCs

Auch wenn ich es nicht beabsichtige, entwickelt sich der Gutachtenstelle-Schwerpunkt Datenschutz prächtig. Hier kann auch eine Meldung der Süddeutschen Zeitung vom letzten Donnerstag nicht unerwähnt bleiben: Danach habe es bereits in einzelnen Strafverfahren online Durchsuchungen von privaten PCs gegeben. Aus "ermittlungstechnischen Gründen" könne der Pressesprecher des BKA aber nicht sagen, wie die digitale Spionage technisch funktioniert. Computerexperten diskutieren jetzt, ob dabei Trojaner zum Einsatz kommen.

Freitag, Dezember 08, 2006

Mord durch Playstation

Der Inquirer verweist heute auf einen Artikel des Tagesspiegels, in dem es um den Prozess anlässlich der Ermordung eines Obdachlosen durch einen 19jährigen geht.

Doch in Cottbus steht einer vor Gericht, der den brutalen Mord mit vorhergehenden virtuellen Ringkämpfen auf einer Playstation begründet. Er hatte mit einem Freund auf dessen Playstation Wrestling gespielt, und der war so gemein gewesen, ihn einfach nicht gewinnen zu lassen. Außerdem hatte er reichlich Bier getrunken, dann unterwegs noch eine unangenehme Auseinandersetzung mit einer Polizeistreife, und war eben nicht so gut drauf.
Täter wie Opfer begegneten sich in der Cottbusser Plattenbausiedlung Schmellwitz, und der 19jährige schlug zu. "Ich wollte einfach nur sehen, was ich so drauf habe und wie toll ich jemanden verletzen kann." Nach dem brutalen Mord ging er zur Polizei und wollte mit Alkohol, vor allem aber mit dem Spielen des Wrestling-Spiels "Smack Down vs. Raw 2006" seine Tat entschuldigen.

Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer, der als vehementer Videospiel-Gegner gilt, solle nun im Auftrag des Gerichts die Frage klären, ob Computerspiele sich auf die Schuldfähigkeit auswirken können. Auf das Gutachten darf man gespannt sein.

Dienstag, Dezember 05, 2006

Killerspiel-Debatte

Heise macht sich dadurch verdient, dass es eine genaue Chronologie der Diskussion um das Verbot von "Killerspielen" vermittelt. In einem heute veröffentlichten Artikel geht es um eines Gesetzesvorschlag des bayerischen Innenministers zur Verschärfung des Strafgesetzbuchs - unter dem Artikel finden sich die Links auf sämtliche auf heise.de veröffentlichten Artikel zum Thema.

Interessant ist die vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages (ich wusste garnicht, dass es sowas gibt) vorgegebene Definition eines Killerspiels:

"Killerspiele sind solche Computerspiele, in denen das realitätsnah simulierte Töten von Menschen in der fiktiven Spielewelt wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung ist und der Erfolg des Spielers im Wesentlichen davon abhängt. Dabei sind auch die graphische Darstellung der Tötungshandlungen und die spielimmanenten Tötungsmotive zu berücksichtigen."

Mittwoch, November 29, 2006

Sex sells ...


auch auf ziemlich plumpe Weise bei einer medizinischen Fachbuchhandlung [Ausriss aus einer Beilage des Buchversenders Rothacker im Deutschen Ärzteblatt]

Datenbeschlagnahme

netzpolitik.org weist heute auf den Artikel "Notebook-Kontrolle bei Einreise in die USA" der Berliner Zeitung hin.

Danach dürfen die amerikanischen Zoll- und Einwanderungsbeamten Notebooks und andere elektronische Datenträger ohne Angabe von Gründen untersuchen und beschlagnahmen. Dies ergebe sich aus einem Report des Congressional Research Service (CRS) an den US-Kongress. Nach diesem Bericht seien Grenz- und Einreisekontrollen von den Grundrechten ausgenommen: Durchsuchungen und Beschlagnahmungen benötigten somit keinen besonderen Verdachts oder eine Begründung.

Ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg habe auf Anfrage der Zeitung erklärt, dass das Problem seit längerem bekannt sei. Auch in Asien komme es immer wieder zur Beschlagnahme von Firmen-Notebooks. Nach etwa 20 Minuten werde der Computer in der Regel zurückgegeben, in der Zwischenzeit seien die Daten kopiert worden. Es müsse davor gewarnt werden, sensible Daten unverschlüsselt mitzunehmen.

Schöne neue Welt.

Dienstag, November 28, 2006

Knast-TV

Das RA-Blog weist gestern auf eine Meldung hin, nach der das Gefängnis von Anderson County Tennessee eine fast sechs Jahre lang geübte Praxis, nach der rund um die Uhr Live-TV-Bilder aus der Vollzugsanstalt im Internet veröffentlicht wurden, wegen Sicherheitsbedenken und Belästigung entlassener Gefangener aufgeben wird.

Der Sheriff habe die Idee ursprünglich gut gefunden, damit die Öffentlichkeit sehen könne, was im Gefängnis gemacht werde.

Täter vor der Tat festsetzen

Die Welt berichtet heute von einem skurrilen Vorhaben der britischen Polizei Scotland Yard:

»Britische Polizeipsychologen erstellen einem Zeitungsbericht zufolge derzeit eine Liste der hundert potenziell gefährlichsten Mörder und Vergewaltiger des Landes - bevor sie überhaupt straffällig geworden sind. Dabei handele es sich um Menschen, die von ihrem psychologischen Profil her solche Taten möglicherweise in der Zukunft begehen könnten, berichtete „The Times“.«

Datenschützer seien geschockt ...

Donnerstag, November 23, 2006

Beweisfragen-Stilblüten

Erschreckend ist mitunter, wie schludrig in etlichen Fällen die Beantwortung der Beweisfragen im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahrens ausfällt. Immerhin handelt es sich um eine schriftliche Zeugenvernehmung, die an Eides Statt erfolgt (§ 373 ff ZPO).

Und so entbehrt es nicht einer unfreiwilligen Komik wenn in den Beweisantworten eines Hausarztes zu einem internistisch multimorbiden Patienten von einer "chronischen Magenerkrankung nach B II, Vagotomie und Umstellungsosteotomie nach Roux" zu lesen ist (Hervorhebung von mir).

Für medizinische Laien: Die Magenoperation nach Roux ist eine Magen-Darm-Anastomose, eine Umstellungsosteotomie erfolgt, um Knochenfehlstellungen mittels Durchtrennung und Neuverbindung zu korrigieren.

Gegen häusliche Gewalt

Ein Arbeitskreis der Ärztekammer Hamburg hat den Leitfaden "Häusliche Gewalt" herausgegeben, der auch als pdf-Datei zur Verfügung steht.

Einer Meldung des Deutschen Ärzteblatts zufolge erklärte Dr. Michael Reusch, Präsident der Ärztekammer Hamburg:

„Die Dunkelziffer häuslicher Gewalt ist hoch, denn kaum ein Opfer traut sich, das Leid öffentlich zu machen. Häufig sind es Ärzte, die bei den öffentlichen Stellen auf die Situation aufmerksam machen. Darüber hinaus ist es aber im Sinne der Opfer auch wichtig, die Ursachen typischer Verletzungsbefunde in Klinik oder Praxis offen anzusprechen und im Interesse des Opfers standardisiert zu dokumentieren.“

Dienstag, November 21, 2006

Spiel und Realität

Jetzt werden (wie schon so oft zuvor) wieder die Verbote von "Killer-Spielen" gefordert. Die Frage, wie realistisch die Umsetzung der Spiele gelingt, ist dabei müßig.

Nicht jeder Ego-Shooter-Spieler ist ein potenzieller Amokläufer, die Frage muss eher sein: Was macht der Spiele-Freak noch außer dem Daddeln am PC? Wie ist sein übriges Freizeitverhalten? Welche sozialen Bindungen hat er, woraus zieht er seine Bestätigung, welchen emotionalen Rückhalt hat er? Was (oder wer) vermittelt ihm "Bodenhaftung"? usw.

Die Chance, dass durch ein Verbot von Gewaltspielen diese tatsächlich von den Festplatten verschwinden, ist klein. Es geht nicht um die Spiele, sondern um die Vermittlung der Fähigkeit, zwischen einem Spiel (über dessen Sinnhaftigkeit natürlich gestritten werden kann) und der Realität zu unterscheiden. Und das ist dann ein gesellschaftliches und kein gesetzgeberisches Problem. Dann müsste man nämlich sonst auch Kriminalromane und -filme verbieten; jeder dort geschilderte Fall könnte ja Nachahmer finden ...

Montag, November 20, 2006

Rezeptgenerator

Nicht wirklich professionell, aber für eine erste Überraschung ganz nett [via Generatorblog]

Sonntag, November 19, 2006

falsch gefragt

Einer Meldung im Deutschen Ärzteblatt nach bezeichnen in einer repräsentativen Umfrage unter 2.829 Personen ab 16 Jahren mehr als 90 Prozent der gesetzlich und der privat Versicherten die Speicherung von Notfalldaten und Arzneimittelangaben auf der elektronischen Gesundheitskarte als „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Deutlich unter sieben Prozent äußerten sich kritisch und meinten, diese Notfalldaten und Angaben zu verordneten Arzneimitteln seien „unwichtig“. Dies kann die Öffentlichkeitsarbeitsmaschinerie natürlich als breite Zustimmung zur elektronischen Gesundheitskarte an sich verkaufen.

Dass der gläserne Patient natürlich noch ganz andere Facetten hat, wurde bei dieser Umfrage aber unter den Tisch gekehrt. Der skurrilste Vorschlag kam in diesem Zusammenhang vom innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz: Er lehnte 2005 eine Verwendung der Daten der Gesundheitskarte zu Zwecken der Terrorismusbekämpfung nicht grundsätzlich ab.

Mittwoch, November 15, 2006

Übelkeit

Schlecht wird einem, wenn man die Zeilen liest, die Spiegel-Online heute zum grausamen Mord an einem 20jährigen Häftling durch drei 17- bis 20jährige Mithäftlinge in der JVA Siegburg veröffentlicht. Der abgedroschene Spruch mit dem Tier im Manne kommt mir in den Sinn; doch damit tut man eindeutig den Tieren Unrecht ... Auf den Prozess, in dem diese Tat verhandelt wird, darf man gespannt sein.

Nachtrag am 16.11.2006: Die Justizministerin hat inzwischen eine Justizpanne eingeräumt - es handele sich um den tragischen Tod eines jungen Menschen, der hätte verhindert werden müssen. Leider sei das nicht gelungen. Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) kündigte Ermittlungen in ihrem Ministerium und gegen Bedienstete der Haftanstalt an: „Wir werden feststellen müssen, wie es dazu kam, dass Bedienstete von den Gefangenen so perfide haben getäuscht werden können, dass sie das nicht entdeckt haben“, sagte die Ministerin.

Nachtrag am 20.11.2006: Peter Mühlbauer fragt heute bei Telepolis unter der provozierenden Überschrift "Outsourcing von Folter": "Ist die Ausübung von Macht durch Mitgefangene nicht ganz unerwünscht?"

Dienstag, November 14, 2006

Fragen Sie Dr. Google

Australische Forscher haben nach einem Bericht von Telepolis festgestellt, dass die Suchmaschine Google Ärzten bei der Diagnose schwieriger Fälle helfen kann. Ausdrücklich wurden aber Laien vor der Nutzung von Google als Diagnoseinstrument gewarnt: Nach den Worten der Wissenschaftler würden Ärzte effektiver suchen und mit höherer Wahrscheinlichkeit die richtige Diagnose finden.

Samstag, November 11, 2006

Wir wissen, wo du bist ...

Telepolis berichtet über einen kalifornischen Gesetzesvorschlag namens "The Sexual Predator Punishment and Control Act: Jessica's Law", der anlässlich der Wahlen auch mit zur Abstimmung stand. Jessica war ein neunjähriges Mädchen, das von einem vorbestraften Sexualtäter umgebracht wurde. 70% der Kalifornier stimmten einem schärferen Vorgehen gegen Sexualstraftäter zu.

In Kalifornien gibt es 90.000 Sexualstraftäter, die sich bei lokalen Behörden melden müssen. Ihre Namen werden auf einer speziellen Webseite veröffentlicht. Wenn sie wegen Vergehen gegen Kinder verurteilt wurden, müssen sie nach ihrer Freilassung in einer bestimmten Mindestentfernung von Schulen leben. Etwa 1.000 Sexualstraftäter, bei denen man einen Rückfall fürchtet, müssen während ihrer Bewährungszeit bereits einen GPS-Sender tragen, um zu überprüfen, ob sie ihre Auflagen einhalten.

Das neue Gesetz erweitert den Straftatbestand von Sexualverbrechen und setzt die Strafen für Sexualtäter herauf. So sind bis zu fünf Jahre Gefängnisstrafe für denjenigen vorgesehen, der direkt oder indirekt über ein Medium wie das Internet mit einem Minderjährigen mit der Absicht in Kontakt tritt oder mit diesem kommuniziert, um eine Straftat zu begehen. Für bestimmte Verbrechen sieht es keine Bewährung mehr vor und verhindert eine frühzeitige Entlassung. Zudem wird die Entfernung vergrößert, den die Wohnung eines Sexualstraftäters zu Schulen, Parks oder Kinderspielplätzen nun lebenslang einhalten muss. Damit wird es schwierig, überhaupt eine Wohnung in dicht besiedelten Regionen oder Städten wie San Francisco zu finden. Wer in eine Psychiatrie verlegt wird, muss ebenfalls mit einer lebenslangen Haft rechnen.

Zudem müssen nun praktisch alle Sexualstraftäter lebenslang einen GPS-Sender tragen - die Kosten für die Überwachung, zwischen acht und zwölf Dollar täglich, sollen möglichst dem Straftäter aufgebrummt werden.

Mittwoch, November 08, 2006

Delinquenten-Doping

Das Deutsche Ärzteblatt weist auf eine retrospektive schwedische Studie hin, die zu verblüffenden Ergebnissen in Zusammenhang mit der Anwendung von unter Bodybuildern sehr beliebten anabolen androgenen Steroiden (AAS) kommt. In ihrer in den Archives of General Psychiatry veröffentlichten Studie (2006; 63: 1274-1279) kommen die Wissenschaftler der Universität Uppsala zu dem Ergebnis, dass junge Schweden, die positiv auf AAS getestet wurden, später häufiger durch Delinquenz auffielen.

Die Wissenschaftler meinen, akute psychiatrische Nebenwirkungen von AAS beobachtet zu haben. So wurden Schwankungen der Stimmungslage mit Hypomanie oder auch manischen Episoden sowie auch Depressionen oder Suizide beschrieben. Ebenso könnten AAS aber auch psychotische Episoden induzieren, die sich manchmal in einer erhöhten Aggressivität oder Feindseligkeit äußerten. Es handelt sich hierbei um akute Reaktionen auf AAS, wobei die Frage offen bleibe, ob sie auf Dauer die Persönlichkeit in eine Richtung verändern könnten, die Steroid-Konsumenten schließlich mit dem Gesetz in Konflikt bringt.

Ob tatsächlich der AAS-Konsum für die erhöhte Kriminalität verantwortlich ist, kann so nur gemutmaßt werden. Nach Ansicht der Wissenschaftlerin Fia Klötz fördert der AAS-Konsum impulsives Verhalten und Wutausbrüche, was die Bereitschaft erhöhe, Konflikte mit Gewalt auszutragen. Andererseits könne aber auch für Personen mit einer gewissen kriminellen Energie der Besuch von Fitness-Studios und ein durch Bodybuilding "gestählter" Körper zum Lebensstil gehören, ohne dass daraus auf eine langfristige Nebenwirkung der AAS geschlossen werden kann.

Insgesamt zwar ein interessanter Ansatz, jedoch scheint mir bei allem, was über die akuten psychiatrischen Wirkungen von AAS hinausgeht, viel hypothetisiert zu werden.

Dennoch ist ja Bodybuilding auch bei Strafgefangenen und bei im Maßregelvollzug Untergebrachten ein Dauerthema. In den Einrichtungen des Maßregelvollzugs gibt es kontroverse Diskussionen über den therapeutischen Sinn und Unsinn von Kraftsport. Bei nach § 64 StGB Untergebrachten lässt sich oft eine Suchtverlagerung beobachten.

Wie bei vielen Forensik- und Maßregelvollzugsthemen gibt es hier noch viel Forschungsbedarf.

Salonfähiges Gedankengut

Nach einer bedrückenden Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wünscht sich jeder vierte Bundesbürger eine einzige Partei, die die "Volksgemeinschaft" verkörpert.

Wie tagesschau.de berichtet, finde sich rechtsextremes Gedankengut quer durch alle Bevölkerungsschichten, Bundesländer, Generationen und bei Wählern aller Parteien. Das Problem werde noch größer, wenn man die mehr oder weniger unausgesprochene Zustimmung zu Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Antisemitismus betrachte, so die Wissenschaftler. In ganz Deutschland sehnten sich mehr als 15 Prozent der Befragten nach einem Führer mit starker Hand und fast 18 Prozent stimmen der Aussage zu: "Wie in der Natur sollte sich auch in der Gesellschaft immer der Stärkere durchsetzen." Insbesondere der Ausländerfeindlichkeit sollte besonders intensiv begegnet werden, da sie als "Einstiegsdroge" in den Rechtsextremismus gelte. Die Studie habe zudem ergeben, dass auch "ein kalter Umgang in der Familie sowie eine depressive Grundstimmung und Ängstlichkeit nicht selten den Boden für rechtsextreme Einstellungen bereiten".

Daraus lässt sich ja schon fast ein psychotherapeutischer bzw. in weitestem Sinne seelsorgerlicher Auftrag ableiten.

Selbsterfahrung

Das (lesenswerte) Blog Psychologie des Alltags regt an, den Satz "ich bin arbeitslos" zum Beispiel bei einer Party einmal auszuprobieren und referiert (zwar nichts wirklich neues, aber dennoch) Interessantes zur Psychologie der Arbeitslosigkeit.

Sektfrühstück

Das Statistische Bundesamt teilte gestern mit:

Im Jahr 2005 wurden in Deutschland 312,2 Millionen Liter Sekt abgesetzt. Das waren nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes 1,1 Millionen Liter oder 0,4% mehr als 2004. Umgerechnet entspricht dies einer Menge von rund 416 Millionen handelsüblicher 0,75 Liter Flaschen oder 44 Gläsern (0,1 Liter) je potenziellem Verbraucher (Personen im Alter von 15 Jahren und älter).
Die Statistiker haben ihre Einordnungen bezüglich potenzieller Verbraucher dem veränderten Trinkverhalten der Jugendlichen angepasst.

Freitag, November 03, 2006

Wahlergebnis-Outsourcing

Scott Adams (der geniale Zeichner der Dilbert-Comics) schaltet sich mit deutlichen Worten in die aktuelle Debatte um elektronische Wahlmaschinen (siehe dazu auch das Interview mit Rop Gonggrijp in der letzten c't) und stellt fest:

"There’s a 100% chance that the voting machines will get hacked and all future elections will be rigged. But that doesn’t mean we’ll get a worse government. It probably means that the choice of the next American president will be taken out of the hands of deep-pocket, autofellating, corporate shitbags and put it into the hands of some teenager in Finland. How is that not an improvement?"

Donnerstag, November 02, 2006

Nachbarschaft kennenlernen

Alles rund um die Kartendatenbank von Google und die ungezählten Tools dazu ist in Google Maps Mania nachzulesen. Dort sind nicht nur zweckmäßige Dinge zu finden sondern auch Skurrilitäten: Ein Hausmakler in Missouri bietet die Möglichkeit, zusätzlich zur Lage seiner Objekte auch eine Übersicht der (mit Totenköpfen markierten) Wohnungen verurteilter Sexualstraftäter ("offenders") anzuzeigen - man muss bei der Suche dann einen entsprechenden Haken setzen. Beim Klick auf das Totenkopf-Symbol öffnet sich ein Hinweis mit Namen und Delikt des Straftäters (die Unkenntlichmachung im Screenshot ist von mir).

Effektive Resozialisierung sieht anders aus ...

Schuldneratlas

Ein aufschlussreiches Dokument ist der Schuldneratlas der Auskunftei Creditreform, der als PDF-Dokument auch zum Download zur Verfügung steht.

Der Atlas liefert eine bedrückende Sozialtopografie und neuen Diskussionsstoff in der "Unterschicht-Debatte". 7,2 Millionen Menschen in Deutschland (mehr als jeder 10. Erwachsene) sind überschuldet, was bedeutet, dass die zu leistenden monatlichen Gesamtausgaben höher sind als die Einnahmen. Gut zwei Drittel der Schuldner seien Männer. In Ostdeutschland ist die absolute Zahl der Überschuldungen höher, in Westdeutschland die individuelle Schuldenhöhe.
Allein im ersten Halbjahr 2006 stellten nach Angaben des Schuldneratlas 43.600 Verbraucher einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, das sind 40,9 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2005.

Die Studie bietet, wie in der Presserklärung formuliert, zwei Erklärungsmuster zur Schuldengenese:

"Generell ist bei der Entstehungsgeschichte von Überschuldung zwischen zwei unterschiedlichen Grundvoraussetzungen zu unterscheiden, und zwar – vereinfacht formuliert – dem armuts- und dem wohlstandsbasierten Muster. Die Betroffenen des Armutsmusters kommen in der Regel aus der so genannten Unterschicht, die durch Niedrigeinkommen bzw. Arbeitslosigkeit oder nicht in Anspruch genommene Sozialleistungen gekennzeichnet ist. Überschuldung entsteht hier zur Sicherung der Existenz. Auf der anderen Seite stehen die Wohlstands-Überschuldeten, die allen Schichten zuzuordnen sind. Ver- und Überschuldung entstehen hier durch eine überhöhte Konsumneigung, meist gekoppelt mit mangelndem Finanzwissen und der Bereitschaft zur riskanten Kreditaufnahme. Diese als „Experimentalisten“ bezeichnete Schuldnergruppe ist gekennzeichnet durch ein hohes Lifestyle-Bedürfnis zur Unterstreichung der eigenen Individualität."


Auch die allseits bekannte These, dass der (von der Kreditwirtschaft heftig beworbene) überzogene Dispokredit oft der Einstieg in die Schuldenspirale sei, wird wiederholt.

Monströse Datenverarbeitung

Wie heise heute berichtet, hat sich der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein Thilo Weichert mit deutlichen Worten gegen die morgen vom Bundesrat zu beratende Anti-Terror-Datei gewandt:

Es handele sich um ein "Gesetz, das kaum jemand verstehen kann", es erlaube eine "monströse Datenverarbeitung für eine unübersichtliche Menge von Sicherheitsbehörden, mit dem jeder, der aus irgendwelchen Gründen mit Terrorismus in Verbindung gebracht wird, bundesweit zum 'Outlaw' erklärt wird". [Zitat nach heise.de]

Schön, dass ein Fachmann so eloquent und fundiert das Unbehagen vieler in Worte fasst.

Mittwoch, November 01, 2006

Totenköpfe strafrechtlich

Rainer Pohlen hat sich gestern im Strafblog Gedanken über die strafrechtliche Bewertung des von der Bild-Zeitung kräftig angeschubsten "Totenschädelfotoskandals" gemacht.

Dienstag, Oktober 31, 2006

Halloween


In den USA wird mit verurteilten Sexualstraftätern nicht gerade zimperlich umgegangen (ein Vorgehen, das sich vermutlich manche hiesige Politiker wünschen würden): Die Auflagen anlässlich der Halloween-Nacht, von denen SpiegelOnline berichtet, wirken jedenfalls aus deutscher Sicht eher skurril. [Foto via pixelquelle]

Statistikfundgrube

Auf der Seite des Statistischen Bundesamtes gibt es das Statistische Jahrbuch 2006 erstmals vollständig als pdf-File zum Download (als Ganzes, aber auch in Einzelkapiteln) - eine unerschöpfliche Fundgrube zu allem, was sich in Zahlen fassen lässt (z.B. Todesursachen, Krankheitskosten aber auch juristische Kennzahlen).

Behandlungsschweigepflicht

In einem sehr gut strukturierten Artikel für den DocCheck-Newsletter arbeitet die Rechtsanwältin Dr. Gabriele Pietzko eine Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 11.08.2006 (Aktenzeichen: 14 U 45/04) auf. Dort wurde betont, dass bereits die Tatsache, dass ein Patient sich bei einem Arzt in Behandlung befindet, der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt: Die Verpflichtung des Arztes zur Wahrung des Geheimbereichs des einen Patienten habe auch Vorrang gegenüber seiner vertraglichen Nebenpflicht zur Hilfe bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüche eines anderen Patienten gegen diesen Patienten. Der Arzt könne nach § 203 Abs. 1 Ziffer 1 StGB wegen Verletzung von Privatgeheimnissen angeklagt werden.

Zivilcourage ist kein Kampfesmut

Bedrückend ist die Lektüre eines Artikels bei SpiegelOnline zum Thema Gewalt in Bus und Bahn. Noch bedrückender ist, dass inzwischen empfohlen werden muss, den geordneten Rückzug anzutreten, wenn es nach Ärger riecht ...

Montag, Oktober 30, 2006

Kinderarbeit

Ein 15jähriger Junge hat in Orlando/Florida einen Nahverkehrsbus, der auf einem Betriebsgelände auf den Verkauf bei einer Auktion wartete, entwendet und damit eine reguläre Buslinie bedient, Passagiere aufgenommen und Fahrkarten verkauft. Ein Fahrgast, der sich über das jugendliche Aussehen des ansonsten korrekt fahrenden Buschaffeurs wunderte, informierte schließlich die Polizei. Der Junge war bereits wegen eines ähnlichen Busdiebstahls aufgefallen.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Transatlantische Akteneinsicht

Wie Heise heute berichtet, dürfen US-amerikanische Fahnder zukünftig im Rahmen von Arbeitstreffen Einsicht in Unterlagen der europäischen Strafverfolgungsbehörde Eurojust nehmen. Mit dem Argument der effektiveren Terrorismusbekämpfung rechtfertigten Brüssel und Washington immer tiefere Eingriffe in die Privatsphäre von EU-Bürgern und den zunehmenden Abfluss persönlicher Informationen in die USA.
Auch ein Aspekt der Globalisierung (und einer, der mir Magengrimmen verursacht)

Mittwoch, Oktober 25, 2006

Sinnvolles Bürozubehör

Golem stellt heute ein Sitzmöbel vor, das sich mit Geräten wie Computer, Monitor, Drucker, Stereoanlage oder Fernseher koppeln lässt. Sensoren in der Sitzfläche des Bürostuhls melden die Anwesenheit des Be-Sitz-ers weiter und können so auch veranlassen, dass sich z.B. die Heizung oder die Kaffeemaschine in Betrieb setzt oder beim Verlassen des Platzes der PC automatisch in den Stand-by-Modus geht. Die Technik könne nicht nur in alle künftigen Modelle des Herstellers eingebaut werden, sondern auch nachträglich in bereits vorhandene - schöne neue Welt.

Dienstag, Oktober 24, 2006

Bonnie und Clyde auf türkisch

Der Strafblog wundert sich heute: "Die beiden jungen Männer, deren Bild heute morgen im Zusammenhang mit einer unbegreiflichen Mordserie in der Türkei in den Nachrichten gezeigt wurde, sehen ganz unauffällig aus, jedenfalls nicht wie brutale Killer."
Im nächsten Satz fragt Rainer Pohlen aber gleich, wie denn brutale Killer eigentlich aussehen sollten und stellt fest: "In erster Linie sind es wohl Dinge, die sich im Inneren eines Menschen abspielen, die ihn entgleisen lassen und manchmal zur Bestie machen."

Das gerade macht die Gutachtentätigkeit im Strafrecht so interessant: Herauszufinden wie der Proband dazu kam, zum Täter zu werden.

Donnerstag, Oktober 19, 2006

Rechtsradikale Codes entschlüsselt


Der im Maßregelvollzug bzw. als Gutachter Tätige begenet immer wieder Personen, die einen Dresscode nutzen, der der rechtsradikalen Szene zuzuordnen ist.
Die Agentur für soziale Perspektiven hat dazu die Broschüre Versteckspiel herausgegeben, deren Inhalte hier auch online abzurufen sind (Blättern über das Menü links) und die ein wertvolles Nachschlagewerk darstellt. Wer das Heft lieber in gedruckter Form vorliegen hat, kann die Veröffentlichung auch zum Versand per Post bestellen. [Foto via PixelQuelle.de]

Mittwoch, Oktober 18, 2006

Fibromyalgie - die endlose Geschichte

Im letzten Heft des "Medizinischen Sachverständigen" (5/2006), einer Zeitschrift, die m.E. für den gutachterlich tätigen Arzt zur Pflichtlektüre gehört, befasst sich Wolfgang Hausotter ausführlich mit der Diagnose (Hausotter nennt sie Leidensbezeichnung) Fibromyalgie.
Der Autor eines Fachbuchs zur Begutachtung somatoformer und funktioneller Störungen beschäftigt sich schon seit längerem mit diesem Krankheitsbild und vertritt die Meinung, dass die pseudoorganische Diagnose den Blick auf tiefsitzende seelische Krankheitsursachen verstelle und zur Schmerzchronifizierung beitrage.

Die Zusammenfassung des Artikels lautet:

"Der Begriff „Fibromyalgie“ wird von bestimmten Arztgruppen häufig gebraucht, um einen diffusen Ganzkörperschmerz zu klassifizieren. Die diagnostischen Kriterien – die rein subjektiv sind – wie ausgedehnte Schmerzempfindung, lokaler Druckschmerz an den „tender points“ und vielfältige weitere subjektive Befindlichkeitsstörungen orientierten sich an einer Veröffentlichung von F. Wolfe et al. (1990) für das American College of Rheumatology. Bemerkenswerterweise hat F. Wolfe 2003 ausdrücklich von den von ihm selbst publizierten Kriterien Abstand genommen, ganz besonders von den „tender points“, die bisher als richtungweisend für die Diagnosestellung galten („mindestens 11 von 18 tender points positiv“). Damit entfällt im Grunde die bisherige diagnostische Basis für die Fibromyalgie. Die Zuordnung als psychosomatisches Krankheitsbild setzt sich heute zunehmend durch und danach sollte sich auch die gutachtliche Beurteilung ausrichten."
Hausotter vertritt die These, dass im Rentenverfahren die Begutachtung keinesfalls ausschließlich durch einen Rheumatologen oder Orthopäden erfolgen sollte, sondern primär durch einen Psychiater, der dann die übrigen Fachgebiete zur Ausschlussdiagnostik einbeziehen könne.

In meiner gutachterlichen Praxis begegnet mir die Fibromyalgie in der Regel in Verbindung mit einem Krankheitsbild, das früher als Involutionsdepression bezeichnet wurde bzw. als Syndrom im Rahmen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung.

Internetsucht - wirklich ein Problem?

Hier hatte ich schonmal zum umstrittenen "Krankheitsbild" der Internetsucht geschrieben. Heute ist im Heise-Newsticker eine Meldung zu finden, nach der die Universität Stanford Studienergebnisse vorgelegt habe:

Nach vorläufigen Ergebnissen einer Studie von Wissenschaftlern der School of Medicine der Stanford University soll einer von acht amerikanischen Internetnutzern zumindest ein Symptom von Internetsucht zeigen. Aufgrund einer repräsentativen Telefonumfrage bei über 2500 Erwachsenen habe sich gezeigt, dass eine kleine, aber wachsende Zahl von Internetnutzern ihre Ärzte aufgrund ihrer Abhängigkeit aufsuchen. Zwanghaft wie Süchtige müssen sie ihre Emails überprüfen, Blogeinträge machen oder Websites und Chaträume besuchen.
Normalerweise sei der Internetsuchtgefährdete ein männlicher und weißer, gut gebildeter Single um die 30 Jahre, der durchschnittlich 30 Stunden wöchentlich im Internet verbringt, ohne wichtigen Arbeiten oder Aufgaben nachzugehen. [via heise.de]
Immerhin wurde hier eine größere Stichprobe untersucht. Ob die Internetsucht aber tatsächlich ein eigenständiges Krankheitsbild ist, sei weiter umstritten. Sie sei jedoch inzwischen zum Forschungsgegenstand und zu einem wirtschaftlichen Problem geworden, da nach Auskunft von Elias Aboujaoude, Direktor der Impulse Control Disorder Clinic der University of Stanford, ein Teil der nicht unmittelbar mit der Arbeit zusammenhängenden Internetnutzung am Arbeitsplatz stattfinde.

Nach der Umfrage waren 68,9 Prozent der Befragten regelmäßige Internetnutzer. 13,7 Prozent sagten, sie hätten Schwierigkeiten, einige Tage nacheinander nicht online zu sein. 12,4 Prozent würden länger online bleiben, als sie eigentlich beabsichtigt hatten. 8,7 Prozent räumten ein, dass sie versucht haben, ihre nicht mit Arbeit oder anderen Notwendigkeiten verbundene Internetnutzung vor ihrer Umgebung zu verbergen, fast ebenso viele benutzen das Internet, um Problemen auszuweichen oder schlechte Stimmung zu heben. 5,9 Prozent erklärten, dass ihre Beziehungen unter der exzessiven Internetnutzung gelitten haben. [via heise.de]

Das heiße, dass zwar viele Menschen Probleme mit ihrer Internetnutzung hätten, es aber noch zu früh sei, daraus eine klinische Störung abzuleiten; dafür müsse noch weiter geforscht werden. Bedenklich stimme den Forscher, dass manche versuchten, ihre Internetnutzung geheim zu halten bzw. sie als "self-medication" zu nutzen - das hätten sie mit Alkoholikern gemeinsam.

Dienstag, Oktober 17, 2006

Präventiver Fahrzeugsentzug

Hatte ich mich hier nicht schon über im Herbst auftauchende Sommerloch-Inhalte gewundert? Die im RA-Blog zitierte Meldung bekommt hier einen Ehrenplatz (und es erscheint mir auch völlig klar, dass sie nur über die Zeitung mit den großen Buchstaben verbreitet werden konnte):
Der innenpolitische Sprecher der Union, Wolfgang Bosbach, will eine Gesetzesinitiative zur Eindämmung von Sexualstraftaten starten, nach der Sexualstraftäter nach Verbüßung der Haftstrafe kein Auto mehr besitzen oder fahren dürfen. Die Begründung ist, dass die meisten Sexualstraftaten mit Hilfe eines Fahrzeugs vorbereitet oder begangen würden.

Angesichts der vielen Verkehrstoten könnte man mit der gleichen Argumentation weitaus schlüssiger den Autobesitz überhaupt untersagen: Denn es kommen nicht nur die meisten, sondern alle Verkehrstoten durch Kraftfahrzeuge ums Leben ...

Der RA-Blog kann sich die Feststellung nicht verkneifen, dass Bosbach nach seiner Karriere als Supermarktleiter mit 39 Jahren sein Jurastudium mit dem 2. juristischen Staatsexamen beendete und seit 1991 als Rechtsanwalt zugelassen ist. Eine mögliche Gesetzesinitiative aus meiner Sicht könnte also lauten, Supermarktleiter nicht mehr zum Jurastudium zuzulassen.

Total Recall

Einem Bericht von CNN zufolge arbeitet Gordon Bell, ein Ingenieur bei Microsoft an einem Mechanismus, der es ermöglicht, dass sich ein "backup brain" an jede Kleinigkeit im Leben der jeweiligen Person erinnern kann. Er sagt über sein Projekt:

"The quest is to essentially build a surrogate memory. Something that's as good as my own memory, that I can use it as a supplement, and will remember everything that I should have remembered, that came to my ears, eyes, whatever."
Die Idee an sich ist natürlich prickelnd: So kann man sich an Namen und Telefonnummern erinnern, verlegt nichts mehr, behält Gesprächs- und Lerninhalte usw.

Aber aus der psychotherapeutischen Praxis weiß ich, dass es bei manchen Dingen ganz gut ist, wenn man sie auch (geordnet oder ungeordnet) vergessen kann ...

Montag, Oktober 16, 2006

Stalking - nicht loslassen können

Der Beitrag von Wolf-Dieter Roth in Telepolis weist auf einen Themenabend bei arte hin und liefert einen kurzen Überblick zum Thema.
Was mir fehlt, ist die Sicht des behandlungsbedürftigen Täters. Wird er erst therapiert, wenn er nach einer Verurteilung im Knast oder Maßregelvollzug sitzt? Was für Möglichkeiten gibt es vorher?
Auch die gesellschaftspolitische Komponente kommt zu kurz: Werden Stalker nicht auch durch die Berichterstattung in den Medien regelrecht gefüttert?

Handyortung

Das Bundesverfassungsgericht hat nach einer Meldung des Inquirer von heute morgen festgestellt, dass es nicht gegen die Grundrechte des Bürgers verstoße, wenn die Polizei per Scanner (IMSI-Catcher) Mobilfunkdaten, Kartennummer oder Standort eines Handys ohne richterliche Anordnung ermittele, auch läge kein Eingriff ins Fernmeldegeheimnis vor (AZ: 2 BvR 1345/03). Die Verfassungsbeschwerde einer Bürgerrechtsorganisation und weiterer Kläger blieb somit ohne Erfolg und wurde vom zweite Senat erst gar nicht zur Entscheidung angenommen.

Immerhin stellt diese Art der Überwachung vermutlich einen so großen Aufwand dar, dass sie nicht nach dem Gießkannenprinzip angewendet werden dürfte.

Freitag, Oktober 13, 2006

Online-Pranger - Platz für alle(s)

Fast könnte man meinen, das Sommerloch sei noch nicht durchschritten, da mal wieder (von einer Politiker-Äußerung in der Zeitung mit den großen Buchstaben angestoßen) eine öffentliche Sexualstraftäter-Datenbank nach US-Muster diskutiert wird: Nach Eingabe einer Postleitzahl lassen sich Fotos und Daten von verurteilten Sexualstraftätern in der unmittelbaren Umgebung abrufen ... Dass das nicht nur der Sicherheit und Abschreckung dient, sondern auch Futter für Voyeurismus und Lynchjustiz sein kann, ist offenkundig.

Angesichts der deutlich höheren Zahl von Verkehrsopfern durch Fahren unter Alkoholeinfluss (etwa die Hälfte aller Verkehrsopfer sind Folge alkoholbedingter Verkehrsunfälle, etwa 20% aller Verkehrstoten sind dem Alkohol zuzuschreiben) könnte doch noch eher eine öffentliche Datenbank von hier einschlägig Verurteilten sinnvoll sein. Und überhaupt, warum nicht gleich das Bundeszentralregister öffentlich machen ...

Die Diskussion driftet in eine gefährliche Richtung.

Donnerstag, Oktober 12, 2006

Nötigung zur Zahnpflege

Im Blog der 4 Strafverteidiger ist heute die Anekdote zu finden, dass Häftlinge einen Zellengenossen, der defizitäre Körperhygiene aufwies, zwangsweise die Zähne putzten, weil die Ausdünstungen des Mannes unerträglich gewesen seien.
Die besonderen Umstände der Tat hätten sich im Strafmaß der Verurteilung wegen Nötigung niedergeschlagen.

Sonntag, Oktober 08, 2006

Introspektionsförderung in großem Rahmen

Dass ich das Blog von Bruce Schneier für überaus lesenswert halte, habe ich ja schon mehrfach durchblicken lassen. Vorgestern hat er dort ein paar schnippische Zeilen zu einer mit Mitteln des Homeland Security Department entwickelten Software geschrieben, die in der Lage sein soll negative Meinungen über die Vereinigten Staaten und ihre Regierung in Presse und anderen Medien weltweit zu überwachen.

Einerseits, so Schneier "This kind of thing could actually be a good idea. For example, it could be used to help the administration understand how we are viewed by people in other countries, and make us more responsible players on the world stage as a result."

Andererseits ermöglicht es aber auch, unliebsame Journalisten ausfindig und ihnen die Arbeit schwer zu machen.

Schneier schließt seinen Artikel mit dem Satz: "I have to admit I find the whole thing a bit too Orwellian for my tastes."

Samstag, September 30, 2006

Dokumentation ins Nirvana geklickt

Im Doccheck-Newsletter findet sich aktuell ein guter Artikel über die Nöte und Tücken der elektronischen Dokumentation. Anlass ist ein Urteil des OLG Hamm vom 26.01.2006, das hervorhebt, dass elektronisch gespeicherte Dokumentation gegen nachträgliche Veränderung geschützt sein muss.

Mittwoch, September 20, 2006

Amokläufer

Auf Telepolis nimmt sich Florian Rötzer in gewohnt bissig-fundierter Weise der Spezies der Amokläufer und Selbstmordattentäter an.

Burn-Out-Test

Ich weiß nicht, wie seriös die "Gezeitenhaus-Klinik" ist, aber ihr "Burn-Out-Test" macht einen recht vernünftigen Eindruck (und die "Tipps zur Burn-Out-Prävention" auch) ...

Mittwoch, September 13, 2006

Elektronische Ausweise

Heise meldet heute, dass nach dem elektronischen Reisepass nun auch der elektronische Personalausweis kommen soll. Das erscheint überstürzt, weil der Reisepass mit Chip ja eineseits umstritten ist und andererseits nicht so 100%ig zu funktionieren scheint (von grundsätzlichen Bedenken gegen die RFID-Technik ganz abgesehen).

Hier ist eine gute Informationssammlung zum Thema.

Donnerstag, September 07, 2006

Postwendende Begutachtung im Sonderangebot

Gerade rief ein freundlicher Herr einer privaten Krankenversicherung an und erkundigte sich, ob wir denn auch Gutachten zur Arbeitsfähigkeit erstellten. Machen wir. Ich konnte mir aber dann doch nicht die Frage nach der Vergütung verkneifen. Die erfolge nach GOÄ (was bedeutet, dass ich mir aus unterschiedlichen Ziffern eine Vergütung für die Untersuchung/Exploration zusammenstückeln darf und dann nach Ziffer 85 "Aufwendige schriftliche gutachtliche Äußerung" je angefangene Stunde Arbeitszeit 29,14 Euro abrechnen darf - und das bei einem Probanden, den ich nicht bereits aus anderem Zusammenhang kenne). Als ich dann darauf verweise, dass wir Gutachten in der Regel nach JVEG mit einem Stundensatz von 60 Euro abrechnen und ich für ein einigermaßen fundiertes Gutachten mit etwa 400 Euro rechne, erbleicht mein Gesprächspartner hörbar. Er verzichtet schließlich ganz auf unsere Dienste, als ich durchblicken lasse, dass urlaubsbedingt erst mit einer Gutachtenabgabe im Oktober zu rechnen sei.

Fundierte Gutachten zum Billigtarif und das auch noch in Wochenfrist - das geht einfach nicht.

[Eine ähnliche Auseinandersetzung hatte ich letzthin auch mit einer Berufsgenossenschaft, die aber immerhin dann mit einer Vergütung in Anlehnung an das JVEG einverstanden war.]

"San des d'Bullen?"

Einem Urteil des Landgerichts Regensburg zufolge darf man in Bayern im Halbschlaf Polizisten straffrei als "Bullen" bezeichnen. Der Begriff "Bulle" sei in Bayern für Polizisten umgangssprachlich und darum nicht automatisch beleidigend. Sonst könne es ja auch nicht eine TV-Serie mit dem Titel "Der Bulle von Tölz" geben ...

Theologiestudium sichert höheres Honorar

Das Handakte Weblawg berichtet heute von einem Urteil des OLG Hamm, das einem Berufsbetreuer aufgrund seines abgeschlossenen Studiums der katholischen Theologie besondere Kenntnisse attestiert und deswegen einen höheren Stundensatz (31,00 statt 18,00 Euro) zubilligt.

Vielleicht sollte ich mir auch noch ein paar weitgehend berufsfremde Sonderqualifikationen ausdenken, die höhere Honorarstufen rechtfertigen ...

Ladendieb schluckt Kopfhörer

Eine skurrile Vernichtung von Beweismitteln berichtet heute die Netzeitung.

Mord ist mein Beruf legt angesichts der erlittenen Pein die Anwendung von § 153 StPO nahe.

Dienstag, September 05, 2006

Überwachungsstaatliche Sozialprävention

Ob das eine Lösung ist? "Big Brother" lässt grüßen ...

Ein Armutszeugnis

... ist es, wenn in einem Rechtsstaat eine unerschrockene Anwältin wie die Frauenrechtsaktivistin Seyran Ates aufgrund einer Bedrohungssituation aufgibt. Man mag sich nicht ausmalen, was Seyran Ates alles mitmachen musste, damit diese standhafte Frau schließlich den Entschluss fasste, den Anwaltsberuf aufzugeben.

Schade (und trotzdem Respekt vor ihrem klaren Entschluss).

Nachträgliche Sicherungsverwahrung

Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht heute eine Pressemitteilung zu einem Beschluss vom 23.08.2006 (2 BvR 226/06), in dem es um die nachträgliche Anordnung einer Sicherungsverwahrung geht:

"Gegen den betäubungsmittelabhängigen Beschwerdeführer, der zuletzt eine achtjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Totschlags verbüßt hatte, ordnete das Landgericht gemäß § 66 b Abs. 2 StGB nachträglich die Sicherungsverwahrung an. Dabei stützte es das Vorliegen neuer Tatsachen darauf, dass der Beschwerdeführer sich zum Zeitpunkt seiner Verurteilung schuldeinsichtig und therapiewillig gezeigt, die in ihn gesetzten Erwartungen des Gerichts aber durch sein im Strafvollzug und im Vollzug der Maßregel gezeigtes Verhalten enttäuscht habe. Ergänzend zog das Gericht disziplinarische Vergehen des Beschwerdeführers heran, nämlich ein zweimaliges Anbringen von Rasierklingen unter dem Tisch seines Haftraums, das Zu-Boden-Stoßen eines Mitinsassen im Maßregelvollzug, der ihn als "aidskranken Knacki" bezeichnet hatte, und das Einschlagen auf eine Grünpflanze. Der Bundesgerichtshof verwarf die gegen die Entscheidung des Landgerichts gerichtete Revision.
Die gegen die strafgerichtlichen Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die angegriffenen Entscheidungen auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht."
Zur Begründung steht dazu in der Pressemitteilung:
"In der Gesamtschau der den angegriffenen Entscheidungen zu Grunde gelegten neuen Tatsachen zeigt sich, dass die Strafgerichte an die Frage einer im Vollzug zu Tage getretenen erheblichen Gefährlichkeit Maßstäbe des Wohlverhaltens anlegen, die sonst bei der Verhängung disziplinarischer Maßnahmen, der Gewährung von Lockerungen und der Strafrestaussetzung zur Bewährung herangezogen werden. Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung folgt nicht diesen Maßstäben, sondern setzt bereits auf der Stufe der Feststellung neuer Tatsachen einen empirisch belastbaren Zusammenhang zwischen den im Vollzug erkennbar gewordenen Tatsachen und einer durch sie zu Tage getretenen erheblichen Gefährlichkeit voraus. Es reicht ferner verfassungsrechtlich nicht aus, eine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung künftiger erheblicher Straftaten bereits dann anzunehmen, wenn überwiegende Umstände auf eine künftige Delinquenz des Betroffenen hindeuten. Erforderlich ist die Feststellung einer gegenwärtigen erheblichen Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit."
Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist ja sowieso ein umstrittenes Konstrukt - hier legt das Bundesverfassungsgericht in erfreulicher Klarheit fest, auf welcher Basis neuer Tatsachen die Anordnung erfolgen darf.

Mal sehen, was draus wird ...

"Krankhafte Internetnutzung"


Nach einer Studie der Augsburger Psychologin Dr. Silvia Kratzer müssen bereits vorhandene psychische Beeinträchtigungen oder Störungen als ursächlich für eine pathologische Internetnutzung in Betracht gezogen werden. Frau Kratzer untersuchte nach einer Meldung bei golem.de 61 Personen, die sich entweder in der "Münchner Ambulanz für Internet-Abhängige" gemeldet hatten oder über Aushänge rekrutiert wurden.


Unter den krankhaften Internetusern sei bei 27 von 30 Personen eine psychische Störung diagnostiziert worden, in der 31-köpfigen Vergleichsgruppe der nicht pathologischen Nutzer nur bei 7 Personen. Charakteristisch für die Gruppe der pathologischen Nutzer sei zudem eine Neigung zu Chat-Angeboten.


Leider fehlt dem o.g. Artikel ein Link zur Quelle, sodass unklar bleibt, ob sich die "krankhafte Internetnutzung" nur aus der Tatsache ergibt, dass sich die Betroffenen in einer Ambulanz meldeten, also subjektiven Leidensdruck hatten oder ob andere Kriterien angelegt wurden ... Zudem ist die Stichprobe relativ klein, sodass die mögliche Hypothese "90% aller Internetsüchtigen haben eine psychische Störung und die ist an der Internetsucht schuld" noch etwas gewagt erscheint.


Das Forschungsgebiet selbst dürfte aber Zukunft haben ...

Montag, September 04, 2006

Die Kraft der einfachen Fragen

Bei 37signals findet sich ein lesenswerter Beitrag über die Kunst richtig zu fragen. Auch wenn der Text und die zugrundeliegenden Arbeiten eher auf Journalisten gemünzt sind, treffen sie doch auch für die gutachterliche Tätigkeit zu.

Sonntag, September 03, 2006

Zungenfessel

Im Strafprozess-Blog wird heute eine Zungenfessel für Politiker gefordert, die sich dann zusammen ziehen soll, wenn Politiker Schnapsideen äußern.

Der niedersächsische Innenminister hatte nämlich einer Spiegel-Meldung zufolge in der "B**d am Sonntag" den Vorschlag gemacht, für die Überwachung von "gefährlichen Ausländern" elektronische Fußfesseln einzusetzen.

Freitag, September 01, 2006

Wirklich FAMOS

Eine wirkliche Goldgrube wenn es um das Verständnis strafrechtlicher Zusammenhänge geht ist das Projekt FAMOS von Prof. Dr. Klaus Marxen der Humboldt-Uni Berlin.

FAMOS steht für "Fall des Monats im Strafrecht" und stellt monatlich wichtige Entscheidungen auf maximal sechs Seiten nach einem festen Schema vor: Zunächst wird der Sachverhalt geschildert, dann Probleme und bisheriger Meinungsstand referiert. Schließlich werden die Kernaussagen der Entscheidung dargelegt, dann die Bedeutung für Ausbildung und Praxis bewertet und schließlich die Entscheidung einer kritischen Würdigung unterzogen.

Hieran ist schon zu erkennen, dass diese Seite die Jura-Studierenden als Zielgruppe hat. Dennoch habe auch ich bereits oft (auch unter Zuhilfenahme des Archivs - FAMOS gibt es bereits seit April 2000) Informationen für die gutachterliche Tätigkeit aus dieser Seite gezogen. Und anregende und verständliche Lektüre sind die Artikel allemal.

Positiv: Man kann FAMOS als Newsletter abonnieren und bekommt den Artikel dann als PDF-File ins Postfach gelegt. Aktuell geht es um einen Falschfahrer und um die Frage nach den Mordmerkmalen angesichts eines Unfalls mit drei Toten.

Donnerstag, August 31, 2006

Lügendetektor - der heiße Stuhl

"Folio" ist wie bereits hier zu merken, immer wieder eine Quelle lesenswerter Artikel: Ebenfalls im Themenheft "Lügen" findet sich eine historisch-kritische Würdigung des Lügendetektors verfasst vom Geschichtsprofessor Ken Alder.

Kurz zusammengefasst lautet der Tenor des Artikels: Das Gerät hält nicht, was sein Name vorgibt und es ist höchst verwunderlich, dass die Technik noch eingesetzt wird. Alders Fazit:

"Der Lügendetektor kann durch die Wissenschaft nicht beseitigt werden, weil er nicht der Wissenschaft entstammt. Solange die Öffentlichkeit an der Hoffnung auf eine unfehlbare Gerichtsbarkeit festhält und solange man menschliche Gefühle mechanisch reproduzieren zu können meint, so lange ist diese Maschine nicht auszurotten."
Der BGH hat 1998 die "polygraphische Untersuchungsmethode" als völlig ungeeignet bezeichnet.

Mittwoch, August 30, 2006

Terroristen als Piraten der Neuzeit

Mal wieder ein interessanter Beitrag im Weblog von Bruce Schneier, der wiederum einen Artikel von legalaffairs zitiert, der die Meinung vertritt, dass juristisch Terroristen wie Piraten zu betrachten sind.

Dem internationalen Recht fehle eine Definition von Terrorismus als Verbrechen:

"But attempts to provide a definition have failed because of terrorists' strangely hybrid status in the law. They are neither ordinary criminals nor recognized state actors, so there is almost no international or domestic law dealing with them. This gives an out to countries that harbor terrorists and declare them "freedom fighters." It also lets the United States flout its own constitutional safeguards by holding suspects captive indefinitely at Guantánamo Bay. The overall situation is, in a word, anarchic."

Dienstag, August 29, 2006

Internet-Abo-Fallen

Im lesenswerten Blog Verbraucherrechtliches ... ist in einem Beitrag zu Internet-Abo-Fallen zu lesen, wie man durch die Teilnahme an einem Test darüber, ob man zuviel Alkohol trinkt gleich auf einen Schlag € 48,00 loswerden kann (wenn man das Kleingedruckte nicht gut genug liest).

Auf der gleichen Seite ist noch mehr zur rechtlichen Würdigung (und zum Umgang mit ungewollten Abschlüssen derartiger Abonnements) zu finden.

Samstag, August 26, 2006

USB-Piraten

Bruce Schneier weist in seinem Blog gestern auf eine kleines Stück Software hin, das unbemerkt (ohne den Anwender zu informieren) den Inhalt eines USB-Sticks auf den PC kopiert in dessen Port der Stick eingesteckt wird.

Das abschließende Zitat gefällt mir besonders:

"No big deal to anyone who worries about computer security for a living, but probably a rude shock to salespeople, conference presenters, file sharers, and many others who regularly plug their USB drives into strange PCs."

Freitag, August 25, 2006

Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy und andere

In der Zeitschrift "Folio" der Neuen Zürcher Zeitung ist in der Ausgabe 8/06, die unter dem Titel "Lügen" steht, ein interessanter Artikel von Martin Lindner zur Frage, ob Hochstapler krank sind.

Mittwoch, August 23, 2006

Neues aus Absurdistan: Comic-Helden dürfen nicht mehr rauchen

Nach den Statuten der britischen Regulierungsbehörde für die Unterhaltungsindustrie (Ofcom) dürfen in einem Kindersender keine Filme gezeigt werden, die zum Rauchen ermutigen. Deswegen sollen jetzt aus alten Tom&Jerry-Streifen Szenen herausgeschnitten werden.

Schuldfähigkeit

Das BGH hat im Urteil 3 StR 52/06 noch einmal kurz und knapp (unter Verweis auf einen Artikel vom Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß in der NStZ 2005:57-62) aufgeführt, nach welchem Verfahren über Einsichts- und Steuerungsfähigkeit entschieden werden soll:

"Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert war, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. im einzelnen Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57).
Zuerst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist.
Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein.
Bei diesem Entscheidungsprozess wird der Richter häufig – soweit die Verhängung von Maßregeln in Betracht kommt, sogar stets (vgl. § 246 a StPO) – auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen sein und von diesem Ausführungen zur Diagnose einer psychischen Störung, zu deren Schweregrad und deren innerer Beziehung zur Tat erwarten.
Gleichwohl handelt es sich sowohl bei der Bejahung eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB als auch bei der Annahme eingeschränkter Schuldfähigkeit um Rechtsfragen."

Patientenverfügung

Die Zeitschrift Finanztest empfiehlt in ihrer aktuellen Ausgabe (9/2006) die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht der Ärztekammer Nordrhein.
Der Finanztest Artikel “Mein Wille geschehe” erläutert, was bei Inhalt und Form eines Patiententestamentes zu beachten ist, damit die behandelnden Ärztinnen und Ärzte daraus den Willen des Patienten für die jeweilige Behandlungssituation erkennen können.

Sonntag, August 20, 2006

Gegen ärztlichen Rat ...

In den Vereinigten Staaten, wo ja vieles möglich ist, hat ein Gericht einem 16jährigen zugestanden, die chemotherapeutische Behandlung seines "Lymphdrüsenkrebs" abzulehnen und sich dafür unter amtsärztlicher Kontrolle der nicht unumstrittenen Hoxsey-Therapie zu unterziehen.

Arzneimittel und Fahrsicherheit

Im letzten Deutschen Ärzteblatt steht eine gute Arbeit zum Thema, das ja immer wieder auch von gutachterlicher Relevanz ist.

Samstag, August 19, 2006

Frauchens Frauchen

Sagenhaft, womit sich ein Familienrichter so beschäftigen "darf" ...

Mittwoch, August 16, 2006

Handbibliothek I - "Freiheitsentziehung und Unterbringung"


Unter der Kategorie "Handbibliothek" möchte ich hin und wieder auf guten Lesestoff hinweisen, der das Arbeiten als psychiatrischer Gutachter erleichtert.

Heute will ich einen Band aus der Reihe der Beck'schen Kurz-Kommentare vorstellen, der bei mir mindestens einmal pro Woche aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegt:

Marschner/Volkart
(ISBN 3-406-46726-1)

Die Autoren schaffen es, ein heikles Thema wie die Einschränkung von Bürger- bzw. Menschenrechten auf eine Art und Weise anzupacken, dass selbst der juristische Laie es begreifen kann. Dabei werden auch Untersuchungen zur Unterbringung bzw. Zwangseinweisung vorgestellt. Wesentlich für die Tätigkeit zwischen Justiz und Medizin sind die Ausführungen zu den Unterschieden von medizinischem und juristischem Krankheitsbegriff - hier kommt es ja immer wieder zu Missverständnissen.

Dann werden die Ländergesetze zur Unterbringung von psychisch kranken Menschen vorgestellt (Wortlaut im Anhang) und die zivilrechtlichen Aspekte von Betreuung und Unterbringung anhand der Vorschriften des BGB erörtert. Hier geht es dann auch um freiheitsentziehende Maßnahmen wie Fixierung, Bettgitter etc.
Dabei würde ich mir etwas mehr Ausführlichkeit wünschen in dem Sinne, dass auf die einschlägige Rechtsprechung nicht nur per Verweis auf die Fachzeitschriften hingewiesen wird, sondern der Tenor der Urteile in ein paar Worten zusammengefasst wird. Mir als Mediziner fehlen nämlich die Recherchemöglichkeiten in juristischen Periodika (hier wird deutlich, dass Mediziner allenfalls am Rande zur Zielgruppe des Werkes gehören).

Dennoch ein Buch auf das ich nicht verzichten möchte - allenfalls der (mit knapp 100 € aus meiner Sicht deutlich überhöhte) Preis schreckt ab.

Gutachtenstelle

So heißt das Blog und so heißt auch die Stelle, die ich in meiner Klinik bekleide. Und da habe ich mit Gutachten von allen möglichen Auftraggebern und zu allen möglichen Fragestellungen zu tun ...

Bei besonders kniffligen Aufgaben ist mir aufgefallen, dass es im Internet kaum Recherche-Möglichkeiten für den gutachterlich tätigen Psychiater gibt, Orte an denen man Inspiration und vielleicht auch einmal Rat findet. Es gibt unzählige Seiten zu juristischen Themen, auch überaus gut gemachte "Blawgs" (Blogs mit Rechtsthemen), aber nichts zum Thema Gutachten.

Dieses Blog soll etwas Licht ins Dunkel bringen. Mal sehen was draus wird.