Mittwoch, Oktober 18, 2006

Fibromyalgie - die endlose Geschichte

Im letzten Heft des "Medizinischen Sachverständigen" (5/2006), einer Zeitschrift, die m.E. für den gutachterlich tätigen Arzt zur Pflichtlektüre gehört, befasst sich Wolfgang Hausotter ausführlich mit der Diagnose (Hausotter nennt sie Leidensbezeichnung) Fibromyalgie.
Der Autor eines Fachbuchs zur Begutachtung somatoformer und funktioneller Störungen beschäftigt sich schon seit längerem mit diesem Krankheitsbild und vertritt die Meinung, dass die pseudoorganische Diagnose den Blick auf tiefsitzende seelische Krankheitsursachen verstelle und zur Schmerzchronifizierung beitrage.

Die Zusammenfassung des Artikels lautet:

"Der Begriff „Fibromyalgie“ wird von bestimmten Arztgruppen häufig gebraucht, um einen diffusen Ganzkörperschmerz zu klassifizieren. Die diagnostischen Kriterien – die rein subjektiv sind – wie ausgedehnte Schmerzempfindung, lokaler Druckschmerz an den „tender points“ und vielfältige weitere subjektive Befindlichkeitsstörungen orientierten sich an einer Veröffentlichung von F. Wolfe et al. (1990) für das American College of Rheumatology. Bemerkenswerterweise hat F. Wolfe 2003 ausdrücklich von den von ihm selbst publizierten Kriterien Abstand genommen, ganz besonders von den „tender points“, die bisher als richtungweisend für die Diagnosestellung galten („mindestens 11 von 18 tender points positiv“). Damit entfällt im Grunde die bisherige diagnostische Basis für die Fibromyalgie. Die Zuordnung als psychosomatisches Krankheitsbild setzt sich heute zunehmend durch und danach sollte sich auch die gutachtliche Beurteilung ausrichten."
Hausotter vertritt die These, dass im Rentenverfahren die Begutachtung keinesfalls ausschließlich durch einen Rheumatologen oder Orthopäden erfolgen sollte, sondern primär durch einen Psychiater, der dann die übrigen Fachgebiete zur Ausschlussdiagnostik einbeziehen könne.

In meiner gutachterlichen Praxis begegnet mir die Fibromyalgie in der Regel in Verbindung mit einem Krankheitsbild, das früher als Involutionsdepression bezeichnet wurde bzw. als Syndrom im Rahmen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung.

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