Mittwoch, November 08, 2006

Delinquenten-Doping

Das Deutsche Ärzteblatt weist auf eine retrospektive schwedische Studie hin, die zu verblüffenden Ergebnissen in Zusammenhang mit der Anwendung von unter Bodybuildern sehr beliebten anabolen androgenen Steroiden (AAS) kommt. In ihrer in den Archives of General Psychiatry veröffentlichten Studie (2006; 63: 1274-1279) kommen die Wissenschaftler der Universität Uppsala zu dem Ergebnis, dass junge Schweden, die positiv auf AAS getestet wurden, später häufiger durch Delinquenz auffielen.

Die Wissenschaftler meinen, akute psychiatrische Nebenwirkungen von AAS beobachtet zu haben. So wurden Schwankungen der Stimmungslage mit Hypomanie oder auch manischen Episoden sowie auch Depressionen oder Suizide beschrieben. Ebenso könnten AAS aber auch psychotische Episoden induzieren, die sich manchmal in einer erhöhten Aggressivität oder Feindseligkeit äußerten. Es handelt sich hierbei um akute Reaktionen auf AAS, wobei die Frage offen bleibe, ob sie auf Dauer die Persönlichkeit in eine Richtung verändern könnten, die Steroid-Konsumenten schließlich mit dem Gesetz in Konflikt bringt.

Ob tatsächlich der AAS-Konsum für die erhöhte Kriminalität verantwortlich ist, kann so nur gemutmaßt werden. Nach Ansicht der Wissenschaftlerin Fia Klötz fördert der AAS-Konsum impulsives Verhalten und Wutausbrüche, was die Bereitschaft erhöhe, Konflikte mit Gewalt auszutragen. Andererseits könne aber auch für Personen mit einer gewissen kriminellen Energie der Besuch von Fitness-Studios und ein durch Bodybuilding "gestählter" Körper zum Lebensstil gehören, ohne dass daraus auf eine langfristige Nebenwirkung der AAS geschlossen werden kann.

Insgesamt zwar ein interessanter Ansatz, jedoch scheint mir bei allem, was über die akuten psychiatrischen Wirkungen von AAS hinausgeht, viel hypothetisiert zu werden.

Dennoch ist ja Bodybuilding auch bei Strafgefangenen und bei im Maßregelvollzug Untergebrachten ein Dauerthema. In den Einrichtungen des Maßregelvollzugs gibt es kontroverse Diskussionen über den therapeutischen Sinn und Unsinn von Kraftsport. Bei nach § 64 StGB Untergebrachten lässt sich oft eine Suchtverlagerung beobachten.

Wie bei vielen Forensik- und Maßregelvollzugsthemen gibt es hier noch viel Forschungsbedarf.

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