Donnerstag, November 02, 2006

Schuldneratlas

Ein aufschlussreiches Dokument ist der Schuldneratlas der Auskunftei Creditreform, der als PDF-Dokument auch zum Download zur Verfügung steht.

Der Atlas liefert eine bedrückende Sozialtopografie und neuen Diskussionsstoff in der "Unterschicht-Debatte". 7,2 Millionen Menschen in Deutschland (mehr als jeder 10. Erwachsene) sind überschuldet, was bedeutet, dass die zu leistenden monatlichen Gesamtausgaben höher sind als die Einnahmen. Gut zwei Drittel der Schuldner seien Männer. In Ostdeutschland ist die absolute Zahl der Überschuldungen höher, in Westdeutschland die individuelle Schuldenhöhe.
Allein im ersten Halbjahr 2006 stellten nach Angaben des Schuldneratlas 43.600 Verbraucher einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, das sind 40,9 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2005.

Die Studie bietet, wie in der Presserklärung formuliert, zwei Erklärungsmuster zur Schuldengenese:

"Generell ist bei der Entstehungsgeschichte von Überschuldung zwischen zwei unterschiedlichen Grundvoraussetzungen zu unterscheiden, und zwar – vereinfacht formuliert – dem armuts- und dem wohlstandsbasierten Muster. Die Betroffenen des Armutsmusters kommen in der Regel aus der so genannten Unterschicht, die durch Niedrigeinkommen bzw. Arbeitslosigkeit oder nicht in Anspruch genommene Sozialleistungen gekennzeichnet ist. Überschuldung entsteht hier zur Sicherung der Existenz. Auf der anderen Seite stehen die Wohlstands-Überschuldeten, die allen Schichten zuzuordnen sind. Ver- und Überschuldung entstehen hier durch eine überhöhte Konsumneigung, meist gekoppelt mit mangelndem Finanzwissen und der Bereitschaft zur riskanten Kreditaufnahme. Diese als „Experimentalisten“ bezeichnete Schuldnergruppe ist gekennzeichnet durch ein hohes Lifestyle-Bedürfnis zur Unterstreichung der eigenen Individualität."


Auch die allseits bekannte These, dass der (von der Kreditwirtschaft heftig beworbene) überzogene Dispokredit oft der Einstieg in die Schuldenspirale sei, wird wiederholt.

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